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Obstbäume veredeln – Infos und Tipps

Obstbäume veredeln muss man spätestens dann, wenn die Bäume im Obstgarten nicht mehr so gut tragen wie früher oder man sie vermehren möchte. Darüber hinaus ist die Veredelung von Obstbäumen gerade für Züchter ein wichtiger Arbeitsschritt um spezielle Kultursorten zu fördern. Nützliche Informationen und eine Anleitung um Veredeln finden Sie nachstehend.

 

Obstbäume veredeln – Ein echtes Traditionshandwerk

Das Veredeln von Obstbäumen hat eine lange Tradition, die bis in die Antike zurück reicht. Bereits die Phönizier kultivierten im zweiten Jahrtausend v. Chr. in ihren Gärten Obstbäume. Auch Plinius berichtet in seiner Naturalis Historia von Praktiken der Römer, die es erlaubten, von einem einzigen Baum verschiedene Früchte zu ernten.

Dieses Wissen wurde im Mittelalter in Klöstern weiter verfeinert, was schließlich dafür sorgte, dass in regionalen Baumschulen ertragreiche Obstbäume durch Veredelung sortenrein vermehrt werden konnten. Einige dieser alten Sorten haben sich so bis in unsere Zeit erhalten und liefern noch heute schmackhaftes und veredeltes Obst. Wie auch Sie Ihre Obstbäume im eigenen Garten veredeln können, schildern wir Ihnen in diesem Ratgeber.

 

Besonderheiten veredelter Obstbäume

Obstbäume zu veredeln dient zunächst ihrer vegetativen Vermehrung, die im Gegensatz zu Stauden und Sträuchern bei Bäumen nur schwer durch Aussaat oder Stecklinge durchführbar ist. Außerdem trägt die Veredelung zum Erhalt der Sortenreinheit bei, sodass auch neue Züchtungen in ihren Eigenarten dauerhaft erhalten werden können. Besonders häufig veredelt werden zu diesem Zweck der Apfelbaum, der Kirschbaum, sowie der Pflaumen- und Birnbaum.

Ein weiterer, positiver Nebeneffekt, der durch das Veredeln der Obstbäume eintritt, ist die Fruchtoptimierung. Sind Früchte beispielsweise von Natur aus sehr klein oder schmecken nicht besonders, können Sie das Obst durch eine Veredelung in Größe und Geschmack durchaus perfektionieren. Durch ein Veredeln allerdings nicht möglich ist die Züchtung neuer Sorten.

 

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Ohne Veredelung kaum kultivierbar: Kirschsorten | © Das Grüne Archiv

Verschiedene Methoden zur Obstbaumveredelung

Bevor Sie mit dem Veredeln Ihrer Obstbäume beginnen können, sollten Sie sich mit den verschiedenen Veredelungsmethoden vertraut machen. Jede dieser Varianten benötigt Edelreiser, die der Baumkrone einer Edelobstsorte entnommen werden. Diese werden später auf den zu veredelnden Obstbaum übertragen, welchen man dann als Unterlage bezeichnet.

Ein Edelreis kann man dabei nur auf eine Unterlage der gleichen Art setzen. Mischungen verschiedener Obstarten sind daher leider nicht möglich. Hier nun ein kleiner Überblick zu den verschiedenen Varianten der Veredelung:

 

Okulation

Bei der Okulation wird eine gut ausgebildete Knospe mit einem senkrechten Schnitt aus dem Edelreis entfernt. Am Stamm der Unterlage wird ein T-förmiger Schnitt durchgeführt. Die beiden Rindenklappen werden schließlich vorsichtig nach außen gebogen und die Knospe des Edelreises eingesetzt. Geeignet ist die Okulation immer dann, wenn Edelreis und Unterlagetrieb unterschiedlich dick sind.

 

Kopulation

Eine Kopulation wendet man an, wenn Unterlage und Edelreiser die gleiche Dicke aufweisen. Hierbei wird an beiden Triebenden ein ca. 4 Zentimeter langer, diagonaler Schnitt ausgeführt, an dessen Schnittflächen Edelreis und Unterlage wie Gegenzungen aufeinander gesetzt werden.

 

Geißfußveredelung

Bei der Geißfußveredelung werden an der Unterlage und den Edelreisern keilförmige Schnitte ausgeführt. Die angespitzten Edelreiser können anschließend passgenau in die Aussparungen der Unterlage eingesetzt werden.

 

Rindenpfropfen

Das Rindenpfropfen bezeichnet eine Veredelungsmethode, bei der die Rinde der Unterlage senkrecht eingeschnitten und zu beiden Seiten des Schnittes vorsichtig angehoben wird. Das Edelreis bearbeitet man im Anschluss mit einem diagonalen Schnitt und führt dessen Endstück tief in die Kerbe der Unterlage ein.

 

Tittelpfropfen

Auf Um Obstbäume durch Tittelpfropfen zu veredeln, muss der Stamm des Baums in gewünschter Höhe abgesägt und anschließend, je nach Anzahl der Edelreiser, die Rinde in gleicher Anzahl eingeschnitten werden. Die Edelreiser werden danach diagonal angeschnitten und in die Rindenöffnungen geschoben. Vorteilhaft an dieser Methode ist, dass man hier bis zu drei verschiedene Obstsorten der gleichen Art aufpfropfen kann.

 

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Werden zur Vermehrung und Sortenzucht häufig aufgepfropft: Apfelbäume | © Das Grüne Archiv

Obstbäume veredeln – Zeitpunkt und Hilfsmittel

Der richtige Zeitpunkt für eine Veredelung orientiert sich an der gewählten Veredelungsmethode. Eine Okulation wird in den Monaten Juli und August an einem bewölkten Tag vorgenommen, damit das Edelreis nicht in der prallen Sommersonne verwelkt.

Kopulation und Geißfußveredelungen haben hingegen im Spätwinter oder zeitigen Frühjahr, von Januar bis März hohe Erfolgschancen, da sich der Obstbaum zu dieser Zeit in Saftruhe befindet. In den Monaten März bis Mai lassen sich Obstbäume durch dann mittels Rinden- oder Tittelpfropfen veredeln, da sich die Rinde der Bäume in dieser Zeit leichter lösen lässt.

Unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Verwendung sollten Sie Edelreiser bereits im Dezember oder Januar schneiden, sofern die Außentemperatur nicht weniger als -4 °C beträgt. Nach dem Schnitt müssen Sie die Reiser bis zu ihrer Verwendung zunächst lichtgeschützt, feucht und kühl lagern. Denkbar ist zum Beispiel eine Aufbewahrung in feuchtem Sand im Keller oder Kühlschrank. Sobald dann die Veredelung ansteht, benötigen Sie folgende Hilfsmittel:

  • Okulier- oder Pfropfmesser
  • Baumsäge zum Abschneiden von Ästen
  • Hippe zum Schneiden der Edelreiser
  • Bast oder sog. Veredelungsgummis
  • Spatel und Handschuhe
  • kaltflüssiges Baumwachs

 

 

Anleitung zum Veredeln von Obstbäumen

In den folgenden Punkten erklären wir Ihnen nun schrittweise, wie Sie Ihre Obstbäume selbst veredeln können. Es kann sein, dass erste Versuche aus Gründen mangelnder Erfahrung erst einmal erfolglos bleiben. Nach etwas Übung sollte die Veredelung aber problemlose gelingen. Gehen Sie hierbei stets wie folgt vor, um die Erfolgschancen zu erhöhen:

1. Schritt – Edelreis entnehmen: Zu Beginn müssen geeignete Edelreiser aus der Baumkrone einer Edelsorte entnommen werden. Diese sollten mindestens 5 mm dick sein und ein gut ausgeprägtes Edelauge aufweisen. Die Schnittflächen dürfen Sie dabei nicht mit Ihren Händen berühren, da es ansonsten zu Verunreinigungen und Holzkrankheiten kommen kann. Nach der Entnahme lagern Sie die Triebe bis zu ihrem Einsatz wie oben geschildert.

2. Schritt – Holz für die Veredelung vorbereiten: Je nach Obstbaumsorte und gewählter Veredelungsmethode führen Sie anschließend die erfordlichen Schnitte an den Edelreisern und an der Unterlage durch. Bei Rindenschnitten ist hier besonders umsichtig zu arbeiten, damit keine Risse entstehen, welche die Krankheitsanfälligkeit des Holzes möglicher Weise erhöhen.

3. Schritt – Edelreis und Unterlage verbinden: Setzen Sie die Edelreiser als nächstes behutsam in die Unterlage ein. Achten Sie darauf, die Schnittflächen nicht zu berühren und tragen Sie hierfür im Idealfall Handschuhe. Nach der Veredelung wird der Schnittbereich mit Baumwachs bestrichen und zusätzlich mit Bast oder Gummibändern umwickelt, um das Edelreis zu stabilisieren. Lassen Sie an diesem stets ein gut ausgebildetes Edelauge frei, um den Veredelungsaustrieb zu gewährleisten. Ebenso sollten Sie beim Binden nicht zu viel Druck ausüben, um Unterlage und Edelreis nicht zu beschädigen.

4. Schritt – Pflege nach dem Veredeln: In der Folgezeit muss der Obstbaum ausreichend gewässert werden. Störende und energieraubende Seitentriebe sollten Sie hin und wieder aus der Unterlage entfernen, damit diese den veredelten Trieben nicht unnötig Saft entziehen. Nach etwa 2 bis 3 Wochen kann der Bast bzw. das Gummiband dann abgenommen werden. Das Edelreis sollte dann bereits mit der Unterlage verwachsen und das Edelauge zum Austrieb bereit sein.

 

Fazit

Wer langjährig ertragreiche Ernten an seinen Obstbäumen sicher stellen möchte, der kommt ohne Veredelung nicht aus. Bei richtiger Anwendung erstrahlt ein veredelter Obstbaum aber binnen kürzester Zeit wieder in neuer Blütenpracht und bringt deutlich gesteigerte Erträge hervor. Geben Sie daher auch alten Obstbäumen noch eine Chance und schaffen sie mit einer Veredelung die Basis für die Ernte von neuen köstlichen Früchten.

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