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Hirtentäschel, Gewöhnliches Hirtentäschel, Capsella, Capsella bursa-pastoris

Hirtentäschel pflanzen – Wirkung, Anwendung und Kultur

Das Hirtentäschelkraut oder Hirtentäschel (Capsella) ist als altes Heilkraut der Volksheilkunde fast schon in Vergessenheit geraten. Dabei gibt es an dem Kraut so einiges zu schätzen. Dies insbesondere in seiner Funktion als Frauen- und Wundkraut.

 

Hirtentäschel in der Küche und Medizin

Mit nur etwa drei bis fünf Arten ist die Gattung Capsella relativ klein. Vorrangig als Heilkraut und Gewürzkraut verwendet wird dabei das Gewöhnliche Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris). Dessen wissenschaftlicher Bezeichnung setzt sich aus den lateinischen Worten capsa für „Kapsel“, bursa für „Tasche“ und pastoris für „Hirte“ zusammen.

Der Name nimmt Bezug auf die herzförmigen Schötchen des Hirtentäschels, die an langen Stielen einzeln vom Pflanzenstängel abstehen und deren Form jenen mittelalterlicher Hirtentaschen ähnelt. Weitere volkstümliche Namen, etwa Geldsäckli, Schelmsäckli, Schülersäckel oder Schneiderbeutel lassen zudem den Schluss zu, dass die Herzform der Capsella-Schoten früher auch für andere kleinere Aufbewahrungsbeutel gebräuchlich war. Und genau in diesen Schötchen sitzt auch die besondere Heil- und Würzkraft der Pflanze.

 

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Die herzförmigen Schoten des Hirtentäschelkrauts muten nicht nur außergewöhnlich an, ihre Heilwirkung ist ebenfalls sagenhaft

Hirtentäschelkraut als Würzmittel und Wildsalat

Capsella gehört zur Familie der Kreuzblütler, der auch einige würzig-scharfe Gewürzkräuter wie der Senf, Rettich, Meerrettich oder die Kresse entstammen. Die würzigen Samen des Hirtentäschels teilen sich diese Geschmacksnote mit genannten Artverwandten und wurden früher insbesondere auf dem Land auch als preiswerter Ersatz für eben jene verwendet. Volkstümliche Namen wie Bauernsenf oder Gänsekresse erklären sich somit von selbst.

Interessant ist außerdem die regionale Häufigkeit von Beinamen wie Schinkenkraut, Schinkenstiel und Burenschinken. Sie lassen darauf schließen, dass Hirtentäschelkraut bevorzugt zum Würzen von Schinkenfleisch verwendet wurde. Die stark gezähnten Blattrosetten der Pflanze, die man nur allzu leicht mit denen des Löwenzahns verwechselt, waren ferner als Blattkräuter für Wildkräutersalat in Gebrauch.

 

Inhaltsstoffe und Wirkung von Hirtentäschel

Zu den wichtigsten Anwendungsgebieten von Hirtentäschel zählen Frauenleiden, rheumatische Erkrankungen und Gicht. Auch Entzündungen, Verdauungsbeschwerden, Krampfadern und Hämorrhoiden sprechen gut auf das Heilkraut an.

Gesund ist Capsella also durchaus. Seine Schötchen und Blätter sind reich an Vitamin C, Kalium, Kalzium und Proteinen. Darüber hinaus enthält das Heilkraut zahlreiche Inhaltsstoffe, die Kräuterkundigen als heilpflanzliche Wirkstoffe bestens bekannt sein dürften. Hierzu zählen:

  • Acethylcholin
  • Brusasäure
  • Gerbstoffe
  • Kämpferol
  • Luteolin
  • Phenolcarbonsäuren
  • Quercetin
  • Rutin
  • Saponin
  • Tyramin

 

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Das vergessene Heilkraut vom Lande: Während Hirtentäschel als Heilkraut auf dem Land noch vielen ein Begriff ist, geriet das Wissen um seinen medizinischen Wert im urbanen Raum fast vollständig in Vergessenheit

Flavonoide wie Kämpferol, Luteolin, Quercetin und Rutin sind gemeinhin für ihre antioxidative, antimikrobielle und entzündungshemmende Wirkung bekannt. Sie können aber noch mehr. Beispielsweise sind Luteolin und Quercetin wertvolle medizinische Wirkstoffe zur Behandlung von Gicht. Luteolin wirkt darüber hinaus auch beruhigend und schlaffördernd.

Das Rutin in Hirtentäschel wirkt wiederum nicht nur antimikrobiell, sondern auch antiviral. Mehrere Forschungsberichte lassen verlauten, dass Rutin sogar für die Behandlung von SARS-CoV-2 vielversprechend sei. Das Coronavirus ist bekanntermaßen für die Infektionskrankheit COVID-19 verantwortlich.

Besonders bedeutsam ist Capsella darüber hinaus auch als Frauenheilkraut. Und das aus verschiedenen Gründen. Einerseits handelt es sich bei dem pflanzeneigenen Flavonoid Kämpferol um ein Phyto-Östrogen, das dazu imstande ist, durch Östrogenmangel verursachte Frauenleiden zu lindern. Hierzu gehören neben Menstruationsbeschwerden auch Wechseljahrsbeschwerden. Mit Blick auf letztere wurde Kämpferol als hilfreicher Wirkstoff zur Therapie postmenopausaler Osteoporose in verschiedenen Studien bestätigt.

Ebenso scheint Hirtentäschel sehr wirksam gegen schwere Monatsblutungen zu sein. In diesem Zusammenhang sei auch auf die traditionelle Anwendung des Heilkrauts als blutstillendes Mittel bei Nasenbluten und zur Wundbehandlung hingewiesen.

 

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Übrigens: Als heimische Blütenstaude findet man Hirtentäschel heute noch üppig auf naturbelassenen Wiesen, Weidenflächen und Äckern

Hirtentäschel pflanzen – Standort und Aussaat

Capsella ist in ganz Europa sowie in Asien heimisch. Laut Angaben von Plants for a Future gelten für Capsella die Winterhärtezonen 6 bis 10. Somit ist Hirtentäschel bis zu -20 °C winterhart. Allerdings gedeiht die Staude dennoch nur ein- bis maximal zweijährig.

Glücklicherweise sät sich Capsella bursa-pastoris jährlich aber recht zuverlässig neu aus. Auch ist die Pflanze sehr anpassungsfähig, weshalb sie sich trotz relativer Kurzlebigkeit einzelner Pflanzenexemplare zu reichen und konstanten Beständen im Garten etablieren kann.

 

Der richtige Standort für Hirtentäschel

Capsella wünscht sich im Garten ein sonniges bis halbschattiges Plätzchen. Ein frisch-feuchter, humus- und nährstoffreicher Lehmboden wird von der Pflanze bevorzugt. Der pH-Wert des Bodens sollte idealerweise im schwach sauren bis neutralen Bereich, zwischen 6 und 7,5 Punkten liegen. Jedoch kommt Hirtentäschelkraut im Notfall auch mit leicht kalkhaltigen, alkalischen Böden um die 8 Punkte zurecht.

Eine schöne Pflanzidee ist Capsella nicht nur für den Kräutergarten. Auch auf der Wildblumenwiese oder Bienenweide macht sich das nektarreiche Wildkraut gut. Die Kultur im Topf lohnt sich mit Blick auf die Kurzlebigkeit der Kräuterstaude dagegen eher weniger.

Einzelheiten zum Standort für Hirtentäschel:

  • sonniger bis halbschattiger Standort
  • frisch-feuchter, humus- und nährstoffreicher Boden
  • Boden-pH-Wert: schwach sauer bis neutral, von 6 bis 7,5
  • Capsella ist kalktolerant und bis -20 °C winterhart
  • Staude wächst aber nur ein- bis zweijährig
  • ideal für Kräuterbeete und Wildblumenwiesen

 

Hirtentäschel als Unkraut

Hirtentäschelkraut gilt in der Landwirtschaft als Unkraut auf Ackerflächen. Besonders auf Kulturböden für den artverwandten Raps siedelt sich das Kraut gerne in größeren Populationen an. Die Pflanze liebt offene und mäßig trockene Ackerböden, auf denen sie sich oft nur durch konsequentes Unkrautjäten im Zaum halten lässt.

Wer in der Nähe von Rapsfeldern wohnt, sollte daher eventuell mit den örtlichen Landwirten in Kontakt treten und mögliche Risiken abwägen. Keine Konkurrenz bedeutet Capsella hingegen für die meisten Gartenpflanzen. Hier darf das Kraut bedenkenlos kultiviert werden.

 

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Des Kräuterkundigen Freud ist des Bauern Leid: Wegen seiner Vermehrungsfreudigkeit und Neigung zur unkontrollierten Selbstaussaat ist Hirtentäschelkraut auf landwirtschaftlichen Flächen nicht gern gesehen

Aussaat von Hirtentäschel

Ein- bis zweijährige Kräuter wie das Hirtentäschel werden am besten direkt ausgesät. Die Aussaat erfolgt im Frühling, zwischen März und April. Eine umfangreiche Bodenoptimierung ist bei diesem Kraut für gewöhnlich nicht erforderlich. Zu lockere und nährstoffarme Böden sollten vorab aber mit etwas Humus und Komposterde verbessert werden.

Säen Sie das Saatgut von Capsella aber nur oberflächlich aus und drücken Sie die Samen lediglich leicht an, da es sich bei der Pflanze um einen Lichtkeimer handelt. Die Keimung erfolgt nach der Aussaat recht schnell binnen 7 bis 14 Tagen. Manuell bewässern muss man das Saatgut bis dahin meist nicht.

 

Hirtentäschel gießen und düngen

Capsellum bursa-pastorium ist eine gänzlich anspruchslose Kräuterpflanze. In den meisten Fällen ist weder eine manuelle Bewässerung noch eine zusätzliche Düngung erforderlich. Wer es aber auf eine reiche Blatternte abgesehen hat, kann der Pflanze während der Hauptvegetationszeit von Mai bis August eine Extraportion Stickstoffdünger spendieren. Gut geeignet ist hier Brennnesseljauche.

 

Hirtentäschel schneiden und vermehren

Dass sich Hirtentäschelkraut trotz seiner kurzen Lebensspanne so üppig vermehrt, liegt unter anderem daran, dass jedes herzförmige Schötchen der Pflanze bis zu zwölf Samen enthalten kann. Auch bleiben die Samen des Krautes im Boden bis zu 30 Jahre keimfähig, womit sie deutlich langlebiger sind als ihre Mutterpflanze.

Die Samenstände von Capsella abzuschneiden und kontrolliert auszusäen ist deshalb nicht nur zur Ernte sinnvoll, sondern auch, um eine unkontrollierte Vermehrung zu unterbinden.

Hirtentäschel ernten

Die Blütezeit von Hirtentäschelkraut erstreckt sich von Februar bis Oktober. Die Fruchtreife hält bei günstigen Standortbedingungen von April bis Dezember an. Es bietet sich also ganzjährig reichlich Gelegenheit, Hirtentäschel zu ernten.

Verwenden kann man die geernteten Samen entweder als Würzmittel für Fleisch, Gemüse, Suppen und Salate, oder aber für die Zubereitung von Kräutertee. Die frischen Blätter geben zudem eine wunderbare Salatzutat ab.

 

Mögliche Krankheiten und Schädlinge

Ein Hauptgrund dafür, dass Hirtentäschel auf Ackerflächen nicht gerne gesehen ist, begründet sich in ihrer Anfälligkeit für Kohlhernie. Die Pilzkrankheit befällt viele Pflanzen der Kreuzblütler, darunter auch Raps und Kohlpflanzen. Im Beet sollte man Capsella daher von anderen Kreuzblütlern fernhalten, damit es nicht zu Kreuzansteckungen kommt.

Verursacht wird Kohlhernie durch den Schleimpilz Plasmodiophora brassicae. Er befällt zunächst die Wurzeln der Pflanze, sorgt später jedoch auch oberirdisch für krankheitsbedingte Wachstumsstörungen, weil er den Pflanzenstoffwechsel beeinträchtigt. Es kann nützlich sein, befallene Böden mit Kalk oder Steinmehl zu behandeln. Auch das Einarbeiten von Humus und reifem Kompost kann den Pilzbefall eindämmen.

Wichtig: Von Kohlhernie befallene Pflanzenteile sollten umgehend aus dem Beet entfernt und auf dem Restmüll entsorgt werden.

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