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Spitzbuben – Von Linzer Augen und Empire Biscuits

Die in Deutschland als Spitzbuben bekannten Butterplätzchen mit Marmeladenfüllung haben eine internationale Geschichte. Ihre Entstehung begründet sich dabei auf das Rezept für die älteste Torte der Welt: die Linzer Torte.

 

Eine Plätzchenspezialität aus Linz

Österreich gilt in Sachen Süßgebäck und Konditorei als internationales Schwergewicht. Wie lange die österreichische Gebäcktradition bereits zurückreicht, lässt sich dabei am besten an der Linzer Torte demonstrieren. Erfahrene Konditoren wissen, dass das Rezept für die älteste Torte der Welt schon im 17. Jahrhundert bekannt war. Als erste schriftliche Quelle für das Linzer Tortenrezept gilt dabei das 1653 erschienene Kochbuch der Gräfin Anna Margarita Sagramosa mit dem ellenlangen Titel:

„Buech von allerley Eingemachten Sachen, also Zuggerwerckh, Gewürtz, Khütten und sonsten allerhandt Obst wie auch andere guett und nützlich Ding etc. Durch die Frau Anna Margarita Sagramosin, geborne Gräffin Paradeiserin, mit grossen Fleisß mühe arbeit wie unkosten, vil Jar nach einander zusamen, geklaubt und beschreiben lassen“

In dem Buch sind vierlerlei Tortenrezepte festgehalten, in denen der Name Linz bereits im Tortentitel vorkommt. Ein weiteres Tortenrezept von 1696 stammt aus der Wienbibliothek am Rathaus.

 

Von der Linzer Torte zum Linzer Auge

Die Linzer Torte ist ein Mürbeteigkuchen mit charakteristischem Teiggitter in Rautenform. Er wird aus dem sogenannten Linzer Teig zubereitet, der als Urform des Mürbeteigs gilt. Es gibt sowohl einen weißen als auch braunen Linzer Teig, wobei für den weißen Teig geschälte Mandeln, für den braunen Teig ungeschälte Mandeln verwendet werden. Typisch ist außerdem eine aromatische Gewürzmischung, bestehend aus Nelken, Zimt und Zitronenabrieb.

Die Füllung Linzer Torte, und hier kommt man von Linzer Torte zu Linzer Augen und Spitzbuben, besteht traditionell aus Johnnisbeer-Gelee. Bei der Torte wird dieser noch vor dem Backen auf den Linzer Teig aufgetragen. Spitzbuben bzw. Linzer Augen erhalten ihre Johannisbeerfüllung dagegen erst nach dem Backen der Plätzchenhälften.

Für den internationalen Durchbruch der Linzer Augen ist der aus Mittelfranken stammende Zuckerbäcker Johann Konrad Vogel. Er wanderte 1822 nach Linz aus und heiratete dort die Zuckerbäckerin Katherina Kreß.

Hatte zuvor noch jede eigene Familie ihr individuelles Rezept für Linzer Torte, ging Vogel mit der Rezeptur, das aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Rezeptfundus seiner Frau stammte, in Serienproduktion. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte sollte neben der Linzer Torte auch das „Linzer Biscuit“ europaweit bekannt werden.

 

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Das Ochsenauge alias Spitzbube hat im Unterschied zum Original Linzer Auge nur ein Loch | © Das Grüne Archiv

Spitzbuben und Empire Biscuits

Lokale Namensvarianten wie Spitzbuben, Ochsenauge oder Pfauenauge bildeten sich schon früh heraus. Gerade in den ländlichen Gebieten von Österreichs, der Schweiz, Bayerns und Südtirols sorgten die familieneigenen Rezepturen für Linzer Torte und Linzer Augen für viel Kreativität in der Namensgebung. Aus dem ursprünglichen Linzer Plätzchentaler mit drei Augen entstand so regionsabhängig ein Plätzchen mit nur einem Auge oder einem spitzbübisch grinsenden Gesicht.

In Großbritannien war das Linzer Auge bis zum Ersten Weltkrieg noch als Linzer Biscuit oder German Biscuit bekannt. Im Zuge der Kriegsgeschehnisse änderte man den Namen der beliebten Linzer Gebäckspezialität jedoch ab. So wurde aus dem Linzer Biscuit in England und Westschottland das Empire Bisuit und in Ostschottland das Double Shortbread. Einzig in Irland kennt man Linzer Augen noch als German Biscuit.

 

Unterschied zwischen Linzer Augen und Spitzbuben

Im Vergleich zu den heutigen Spitzbuben, die als beliebtes Weihnachtsgebäck die Runde machen, ist das Linzer Auge deutlich größer und wird auch ganzjährig in Bäckereien verkauft. Der Teig für Spitzbuben enthält auch häufig keine Mandeln mehr. Gewürze wie Nelken oder Zimt sind optional.

Was die Augenzahl angeht, so hat sich für die deutlich kleineren Spitzbuben die einäugige Variante des Ochsenauges durchgesetzt. Auch eine sternförmige oder herzförmige Plätzchenmitte ist nicht selten.

Pflicht bei beiden Gebäckspezialitäten ist aber nach wie vor die Füllung aus Johannisbeer-Gelee. Zwar findet man vereinzelt gelegentlich Varianten mit oranger Füllung aus Aprikosenmarmelade, rote Beeren-Gelees sind jedoch auch für Spitzbuben der Standard.

 

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Sowohl im Linzer Auge als auch in Spitzbuben Pflicht: Johannisbeer-Gelee | © Das Grüne Archiv

Spitzbuben selber machen

Das Rezept für Spitzbuben nutzt als Basis den klassischen Teig für Butterplätzchen. Dieser wird zusätzlich aber mit gemahlenen Mandeln, Gewürznelken und Zitronenabrieb aromatisch verfeinert. Hier die Backanleitung:

 

Zutaten:

  • 150 g Mehl
  • 100 g Butter
  • 100 g Johannisbeer-Gelee
  • 75 g Puderzucker
  • 50 g Mandeln (gemahlen)
  • 3 Gewürznelken (gemahlen)
  • 1 Päckchen Vanillezucker
  • 1 Ei
  • 1 TL Zitronenabrieb
  • 1 Prise Salz

 

Zubereitung:

Mischt in einer Schüssel zunächst die trockenen Zutaten, also Mehl, Mandeln, Puderzucker, Vanillezucker, Salz, gemahlene Nelken und Zitronenabrieb zusammen. Formt im Anschluss eine Kuhle in das Mehlgemisch und gebt nun Butterflocken und Ei hinzu. Das Ganze wird nun zu einem glatten Teig verknetet.

Formt den Teig zu einer Kugel, umhüllt ihn mit Frischhaltefolie und gebt ihn für gut zwei Stunden in den Kühlschrank. Danach solltet Ihr den Teig nochmals gut durchkneten, ehe Ihr ihn auf einer bemehlten Unterlage mit dem Nudelholz ausrollt.

Tipp: Wenn der Teig zu bröselig ist, könnt Ihr noch ein wenig kaltes Wasser hinzu geben. Auch hat es sich bewährt, beim Ausrollen ein Stück Frischhaltefolie auf den Teig zu legen, damit er nicht auseinander fällt.

Beim Ausstechen der Plätzchenhälften für Eure Spitzbuben müsst Ihr darauf achten, die gleiche Zahl an Plätzchen mit und ohne Löcher in der Mitte auszustechen. Für das Loch könnt Ihr beispielsweise einen Apfelausstecher, den Schraubverschluss einer Flasche oder einen sehr kleinen Plätzchenstecher nehmen.

Gebt die Plätzchen auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech und lasst sie im vorgeheizten Backofen bei 120 bis 160 °C für 10 bis 15 Minuten durchbacken. Währenddessen könnt Ihr die Marmelade glattrühren. Sie wird im letzten Schritt auf die noch heißen Plätzchen ohne Loch in der Mitte aufgetragen und dann gleich mit einem durchlöcherten Plätzchendeckel versehen. Übt hierbei nicht zu viel Druck auf das Deckplätzchen aus, damit es nicht bricht.

Lasst die Spitzbuben zum Schluss noch gut auskühlen, bevor Ihr sie mit Puderzucker bestäubt. Dafür nehmt Ihr am besten ein feinmaschiges Sieb und einen kleinen Teelöffel zur Hand, mit dem Ihr den Puderzucker durch das Sieb auf die Plätzchen rieseln lasst.

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