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Frühlingstreiben im Grünen Archiv…
Ein frischer Frühlingswind weht über die weiten Wiesen rund um das Grüne Archiv. Er kündet von der Rückkehr der Zugvögel, die im Herbst so eilig ausgeflogen. Der kalte Griff des Winters hat nachgelassen und seine weißen Schneedecken weichen den ersten Blütenknospen des Jahres. Den Anfang macht das Schneeglöckchen, dicht gefolgt von Krokus, Märzenbecher, Hyazinthen und Narzissen. Es ist die Zeit der ersten Frühblüher.
Inmitten kühler Blütenpracht sähen die Chefbotaniker des Archivs jedoch auch schon die ersten Nutzpflanzen ein. Teils noch wohlbehütet unter Glas schlummern in den Winter- und Frühlingsbeeten schon die ersten Keimlinge von Mangold und Radieschen. Auch Salate, Möhren, Erbsen und Spinat dürfen nun erste Frühlingsluft schnuppern.
Gartensalat – Mehr als nur Kopfsalat
Was macht den Frühling aus im Sinne der Aromen? Nun, da wären zunächst einmal die ersten Frühlingskräuter. Insbesondere der Frauenheilkunde widmen sich die Kräuterdamen des Archivs dieser Tage ganz besonders. Denn von Fenchel über Frauenmantel bis hin zur Pimpinelle hat im Frühling die Stunde für so manches Frauenheilkraut geschlagen. Erste sanft wirkende Extrakte reifen daher bereits in der milden Frühlingssonne.
Zwischen Blütenwasser und Wurzeltrunk verströmen liebliche Düfte wie Ylang Yland, Sandelholz, Lotus und Lavendel einen angenehmen Duft. Er wird dem Frühlingsambiente voll und ganz gerecht, das in den Ruhebereichen der Bibliothek auch getragen wird von wohligen Leseecken. Hier können die Besucher ihre Lieblingslektüre neuerdings auf angenehmen Rattanliegen studieren. Weiße Fellbezüge sowie zierliche kleine Beistelltische aus grauer Eiche geben der Wohlfühlatmosphäre den finalen Schliff. Neben den ersten Gartenarbeiten der Saison lautet das Gebot der Stunde also Wellness und Erholung.
Den aromatischen Hölzern und liebevollen Arrangements ist es zu verdanken, dass nach einem harten Winter wieder mehr Gäste ihren Weg in das Grüne Archiv finden. Ihre Präsenz belebt die Hallen und sorgt gemeinsam mit der blühenden Natur für die Rückkehr alter und neuer Lebensgeister in die Gemäuer hoch über dem Waldboden. Besagter Wald hat unter den extremen Wetterlagen des letzten Jahres viel gelitten und bedarf wohl nicht weniger einer aufmerksamen Wellnessbehandlung wie so mancher Besucher, der kürzlich aus seinem Winterschlaft erwacht ist. Es gibt also viel zu tun in Sachen Wiederbelebung des Waldes.
Es sind zahlreiche Schritte hinauf in das Bibliothekgewölbe, das über dem Wurzelreich eines riesigen Baumes ruht. Auf einem zum Plateau ausgeschnitzten Seitentrieb des Baumriesen thront es majestätisch als Wahrzeichen einer alten Handwerkskunst, das Grüne Archiv. Seine Gilde hat dutzende von Zivilisationen überdauert und seine hier, hoch über dem Boden gelagerten Schriften enthalten faszinierendes Naturwissen, das teilweise wohl schon mehrere Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende alt ist. Sie alle wurden sorgfältig zusammengetragen von den Schriftgelehrten, deren Orden sich unabhängig von der Herkunft ihrer Mitglieder einem gemeinsamen Fachgebiet verschrieben hat: Der Botanik.
Die hölzernen Wände der arborischen Halle tragen filigrane Kerbungen. Zahlreiche geschwungene Reliefs ziehen sich wie ein Runenspruch um die Gemäuer und machen das Grüne Archiv zu einer äußerst imposanten architektonischen Meisterleistung. Ein Schnitzwerk von gigantischen Ausmaßen ist dieser vergessene Ort, der unter mehr als groß gewachsenen Weiden und Blauregen still in der Wildnis verborgen liegt. Eine Lichtung grünen Wissens, in der bislang noch jeder Pflanzenliebhaber fündig geworden ist, und ihre Pforten all denen öffnet, die verstehen, wie wichtig es ist, den Zauber der Natur zu erhalten.
Das Grüne Archiv versteht sich selbst als eine stetig wachsende Institution zur Wiederherstellung der floralen Balance im Weltenkreis, der, in diesem besonderen Falle, wohl die Erde betreffen dürfte. Gaia, Midgard, Terra – der Weltenball, von dem hier die Rede ist, hat viele Namen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie eine Sphäre im stellaren Raum bezeichnen, die schon immer für ihre üppige Pflanzenwelt bekannt war. Ihr Vorkommen bildet die Grundlage für weitere Artenvielfalt, nämlich die der Fauna, welche die Gesamtheit aller Lebewesen, einschließlich des Menschen bezeichnet.
Fauna kann sein, weil Flora ist
Weise Worte, welche in geschwungenen Lettern über der Eingangspforte des Archives prangen. Sie ist umrahmt von einer traumhaft schönen Pflanzkombination aus Waldreben und Malven, deren blau-violette Blütentöne du vor dem Betreten der Waldbibliothek doch einen Moment lang bestaunen musst. Die Pflanzen ranken sich üppig um die Säulen des Vorbaus und säumen auch den Bodenbereich der Hallenwände wie ein zauberhafter Teppich aus Blattwerk und Blumen. Erste Studien zur Pflanzenkultivierung kann man hier bereits tätigen, wenn man sich den robusten und gut gepflegten Wuchs der Kletterpflanzen genau ansieht. Es muss einiges an Formkunst erfordert haben, die knorrigen Astarme so zu winden, dass sie sich in solch eleganten Spindeln um die Säulenkonstruktionen ranken.
Die Bibliothek selbst ist nicht minder liebevoll gestaltet. Steinerne Regale wechseln sich mit kleinen Pflanzeninseln und Steinformationen ab, die definitiv eine besondere, ästhetische Symmetrie in die Archivgewölbe zaubern. Es muss ein unendlich weitläufiges Areal sein, dessen Ende du vom Eingang aus nicht wirklich ausmachen kannst. Nur die Anfangspfade langer, labyrinthartiger Korridore tun sich hinter dem schweren Eichenpult auf, vor das dich deine Füße bei all dem observierenden Spazieren schließlich tragen. Es sieht etwas verlassen aus, wirkt nebst ein paar herumliegenden Notizen, einem Federhalter und Tinte, sowie einem sehr sorgfältig ausgewählten Bücherstapel an Lektüre aber sehr strukturiert. Oben auf liegt eine Art Index, dessen Erscheinungsbild so gar nicht zum antiken Ambiente der Bibliothek passt, ihr in Sachen mystische Aura aber in nichts nachsteht.
Hochtechnologisch und mit einem kristallenen Sichtfenster versehen, würde man diesen Gegenstand in der Neuzeit wohl als „Tablet“ oder „Tableau“ bezeichnen. Das Grüne Archiv schimpft es schlichtweg Tafel. Eine merkwürdige Tafel allerdings, scheinen Tasten hier doch gänzlich durch Kristallsteine ersetzt zu sein. Überhaupt scheinen hier im Archiv so manche Kristalle versteckt zu sein… Ein paar Amethyste findet man bereits unter den jungen Trieben von Lavendel, die im Keramiktopf neben der Rezeption munter vor sich hinsprießen.
Als deine neugierigen Finger etwas zu nah über dem Azuritschaltknopf am unteren Rand des Bildschirms schweben, reagiert dieser edel-steinerne Tablettverschnitt auch sogleich und springt an. Nachdem der Azurit unter einem leisen Schallgeräusch kurz aufgeleuchtet hat, konzentriert sich in dem klarblauen Stein eine wundersame Lichtquelle. Sie intensiviert sich mit zunehmendem Tempo, bis sie sich schließlich in einem gleißenden Lichtstrahl entlädt. Es erscheint ein kleiner, holografischer Lageplan auf dem Display, der Dir den Weg in die drei Hauptkorridore weist:
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