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pflanzliche Rohstoffe, Bambus

Bambus als Nutzpflanze – Ein vielseitiger Rohstoff

7 Minuten Lesezeit

Bambus ist eine echte Kultpflanze, die vor allem aus dem asiatischen Raum bekannt ist. Jedoch sind Bambusarten aber nicht allein in Asien heimisch. Auch in Afrika und Südamerika gehört Bambus seit jeher zu den wichtigsten Naturmaterialien. Ein weiterer Irrtum ist zudem die Annahme, es handle sich bei den verholzenden Bambuspflanzen um eine Art Baum. Denn in Wahrheit sind Bambusrohre riesige Grashalme. Süßgrashalme, um genau zu sein. Ihretwegen istBambus als Nutzpflanze ein echter Rohstoff der Zukunft.

 

Bambuspflanzen – Die Riesen unter den Süßgräsern

Die eine Bambusart gibt es eigentlich nicht. Tatsächlich stellen Bambuspflanzen (Bambusoideae) innerhalb der Familie der Süßgräser nämlich eine eigenständige Unterfamilie. Mit rund 116 verschiedenen Gattungen, von denen übrigens nicht alle verholzen, gehören Bambusoideae zu den größten Süßgras-Unterfamilien überhaupt und beweisen, dass unsere weitläufige Vorstellung von Gräsern als zierliche Grünpflanzen im Rasen äußerst unzureichend ist.

Denn Bambushalme werden bis zu 30 m hoch und sind im Gegensatz zu ihren filigranen Zwergverwandten alles andere als knickempfindlich. Im Gegenteil, gehören Bambusrohre neben Baumholz zu den robustesten Materialien aus dem Bereich der pflanzlichen Rohstoffe. Aus diesem Grund werden sie in Asien, wie auch in Afrika und Südamerika als bevorzugtes Deck- und Stützmaterial im Hausbau sowie als Werkstoff für die Herstellung von Gebrauchsgegenständen verwendet.

 

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Keine Bäume sondern gigantische Grashalme: Bambus gehört zu den Süßgräsern

Der härteste Grashalm der Welt: Riesenbambus

Abgesehen von den verschiedenen Bambusarten für den Garten spielt in Sachen Rohstoffgewinnung vor allem der sogenannte Riesenbambus eine übergeordnete Rolle. Meist sind hiermit Arten des Dendrocalamus gemeint. Der größte Vertreter dieser Gattung ist der Echte Riesenbambus (Dendrocalamus giganteus), der eine Höhe von 30 bis 40 m erreicht. Daneben gibt es aber auch andere Bambusarten wie ähnlichen Wuchshöhen, darunter

  • Moso-Bambus (Phyllostachys edulis)
  • Savannen-Bambus (Oxythenanthera abyssinica)
  • Gewöhnlicher Bambus (Bambusa vulgaris)
  • Horstbildender Bambus (Dendrocalamus strictus)

 

Die Heimat dieser Arten von Riesenbambus erstreckt sich von Asien bis Afrika. In Asien sind vor allem Indien, China, Myanmar und Thailand wichtige Ursprungsländer. In Afrika nimmt die Zahl bedeutender Exportnationen für Riesenbambus ebenfalls zu wobei neben Äthiopien vor allem westafrikanische Länder wie Ghana als wichtiger Bambusexporteur gelten. Projekte wie das Bamboo for Integrated Developmet Ghana (BIDG) verdeutlichen hierbei, wie wichtig der pflanzliche Rohstoff für die moderne Volkswirtschaft Afrikas ist.

Riesenbambus verwendet man in Afrika wie Asien gleichermaßen als schnell nachwachsenden Rohstoff für vielerlei Zwecke. Seine Halme, die einen Durchmesser von bis zu 35 cm erreichen, besitzen eine Wandstärke von bis zu 3 cm. Sie sind sehr belastbar, aber trotzdem flexibel und eignen sich daher als Baumaterial für Möbel, Gebrauchsgegenstände, Hütten, Brücken und Bootsmasten. Außerdem werden aus ihnen Fußbodenbeläge und Papier hergestellt.

 

Bambus als Lebensmittel

Auch als Nahrungsmittel wird der Riesenbambus genutzt. Seine Sprossen sind in gekochtem Zustand essbar. Roh sind sie allerdings giftig, denn sie enthalten Blausäure. Sie müssen also vorab gekocht werden, um die giftigen Inhaltsstoffe zu neutralisieren.

Der Riesenbambus wächst sehr schnell mit einem Jahreszuwachs bis zu 70 cm Höhe. Auch seine Blätter erreichen eine imposante Größe und werden an die 40 cm lang. Erst zum Ende seines Lebens bildet der Bambus eine Blüte aus und stirbt danach ab. Insgesamt kann er zuvor aber zwischen 30 und 40 Jahre alt werden.

Abgesehen von seinen robusten Eigenschaften, die Bambus als natürlichen Werkstoff höchster Qualität prädestinieren, enthält das Riesengras auch viele gesunde Nährstoffe. Neben dem verdauungsfördernden Ballaststoff Cellulose finden sich in Bambus auch Flavonoide, Antioxidantien und Eiweiß. Dabei enthalten eingelegte Bambussprossen aber nur wenig Zucker und kein Fett, weshalb sie als kalorienarme Zutat für Wok-Gerichte, Gemüsebeilagen, Suppen und Salate ideal sind.

 

Nährwerte von Bambus im Überblick

NährwertGehalt pro 100 g

Brennwert
Eiweiß
Kohlenhydrate
Fett
Ballaststoffe
Wassergehalt

12 kcal / 59 KJ
1,7 g
1,0 g
0,0 g
1,5 g
90 %

 

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hart und flexibel in einem: Bambusrohre sind als Werkstoff äußerst vielseitig

Bambus als Nutzpflanze und Rohstoff

Wie schon die ebenfalls zu den Süßgräsern gehörenden Getreidearten zeigen auch Bambuspflanzen auf, dass Gräser äußerst bedeutsame Nutzpflanzen sind. In ihren Herkunftsländern dient Bambus einerseits als wichtiges Grundnahrungsmittel. Andererseits sind die holzigen und doch flexiblen Bambusrohre auch ein wichtiger Bau und Werkstoff. Sie lassen sich sowohl als Material zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen und Textilien als auch in Form von Baumaterial wie Stützpfeilern, Leitungssystemen oder Deckplatten nutzen.

Eine besondere Bedeutung hat Bambusholz zudem in der asiatischen Jagd- und Kampfkunst, wo es als Bogenholz, Blasrohr für Betäubungspfeile sowie für die legendären Trainingshölzer der japanischen Samurai Verwendung findet.

Auch die westliche Welt hat Bambus längst als ökologische Alternative zu zahlreichen umweltschädlichen Materialen und Verbundwerkstoffen erobert. von Bambuszahnbürsten und Bambusbesteck über Handyhüllen und Fahrräder aus Bambus bis hin zu Kleidung und sogar Kopfkissen aus Bambusfaser gibt es inzwischen zahlreiche revolutionäre Ansätze, um Plastik, Synthetikfasern und Co. durch den pflanzlichen Biowerkstoff zu ersetzen. Daneben ist Bambus auch als Lebensmittel interessant und vielseitig.


Bambus Zahnbürste

 

Bambus als Zierpflanze

Eine besondere Funktion übernimmt Bambus im Garten. Sein schlanker, aufrechter Wuchs prädestiniert ihn für eine Kultur als Zierpflanze mit verschiedenen Gestaltungsqualitäten. Gerade Liebhaber von asiatischen Gartenkonzepten wie dem Japanischen Garten kommen ohne Gartenbambus kaum aus. Besonders gefragt ist hier die Bambus-Hecke. Denn als Sichtschutz ist Bambus ein echter Hingucker. Zudem ermöglichen die schlanken Bambusreihen eine originelle Raumaufteilung im Garten.

 

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Ziervoll und nützlich zugleich: Bambuskulturen sind optisch wie ökologisch ein echter Hingucker

Ökologisches Profil von Bambuspflanzen

Bambusrohre sind nicht nur widerstandsfähig, sondern auch nachhaltig. Sie vereinen die Vorzüge von Holz mit den besonderen Wuchseigenschaften von Gräsern, was mit Blick auf ökologische Produktionsprozesse äußerst bedeutsam ist. Bambus wächst im Vergleich zu herkömmlichem Baumholz relativ schnell und muss nach der Ernte außerdem nicht immer wieder neu angepflanzt werden. Da die Wurzeln der Bambuspflanzen wie für Gräser üblich nach dem Schnitt immer wieder neu austreiben, kann man eine Pflanze Jahrzehnte lang zur Rohstoffgewinnung nutzen. Was ihre CO₂-Leistung angeht, so speichern Bambushalme deutlich mehr CO₂ als Bäume.

Auch für den Kulturboden hat Bambus seine Vorzüge. Da er wenig anspruchsvoll ist, muss er bei wirtschaftlicher Kultur in seinen tropischen Ursprungsländern kaum gedüngt oder aufwändig bewässert werden. Zudem schützen die tiefgehenden Bambuswurzeln vor Bodenerosion und verbessern den bodeneigenen Wasserspeicher.

Wissenswertes: In Äthiopien wird inzwischen vermehrt Bambus gepflanzt, um die sich rasant ausbreitende Wüste zurück zu drängen. Dadurch entstehen im Land neue Arbeitsplätze und Äthiopien könnte so China bald als größter Bambuslieferant weltweit den Rang ablaufen.

 

Kritikpunkt Weiterverarbeitung

Während der Anbau von Bambus im Vergleich zu Monokulturen der Forstwirtschaft oder Faserlieferanten wie Baumwolle doch sehr umweltfreundlich ist, gilt das für die Weiterverarbeitung der verholzenden Grashalme nicht immer.

Gerade wenn es um die Herstellung von Bambusfaser als Alternative zu Baumwolle geht, erfolgt die Aufbereitung der Pflanzenfasern oftmals durch Bäder in umweltschädlichen Chemikalien. Auch die Produktion von Bambusplatten als Ersatz für Baumholz greift häufig auf schädliche Chemie-Cocktails und Verbundmittel zur Vorbehandlung und Weiterverarbeitung der Bambuslamellen zurück. Es gibt also Verbesserungsbedarf.

 

Herstellung von Bio-Werkstoffen aus Bambus

Bei der Herstellung von Bambusmaterialien zur Weiterverarbeitung ist zwischen Hartfaser und Weichfaser zu unterscheiden. Als Hartfaser lassen sich diesbezüglich alle Holzwerkstoffe bezeichnen, die sich zum Einsatz als Deckplatten, Stützpfeiler oder robustes Naturmaterial für Gebrauchsgegenstände nutzen lassen. Bambusgarn und Bambusfaser lassen sich dagegen als Weichfasern bezeichnen wie sie zum Beispiel in der Textilherstellung Verwendung finden.

 

Bambuslamellen

Zu diesem Zweck werden die Bambusrohre entweder direkt im Ganzen verwendet oder der Länge nach in Lamellen geschnitten. Die Bambuslamellen werden anschließend verleimt und ggf. auch gepresst, um die Materialdichte und somit ihre Widerstandsfähigkeit weiter zu verbessern. Unterschieden wird dabei zwischen folgenden Lamellenmodellen:

  • Breitlamelle: Die Bambuslamellen werden horizontal aneinander gereiht und anschließend verleimt. Durch die horizontale Anordnung entsteht ein breiter Linienverlauf, der das Lamellenmuster des Bambus ähnlich wie bei einem Parkettboden sehr schön wiedergibt.
  • Hochkantlamelle: Die Bambuslamellen werden zum Verleimen vertikal nebeneinander gereiht. Das so entstehende Linienmuster ist feiner und nicht so stark ausgeprägt wie bei der Breitlamelle.
  • Drucklamelle: Die Bambuslamellen werden vor dem Verleimen unter hohem Druck gepresst, was die Materialdichte erhöht.
  • Flex-Lamelle: Die Bambuslamellen werden zu einem flexiblen Verbundwerkstoff verarbeitet, wobei Komponenten wie Latex oder Gaze für die nötige Biegsamkeit des Materials sorgen.

 

Bambusfaser

Um den ökologischen Wert von Bambusfaser gab es in der Vergangenheit hitzige Diskussionen. Aus gutem Grund, immerhin wird für die Herstellung der gängigen Bambusviskose ein hohes Maß an chemischen Zusatzstoffen verwendet. Die Synthetikfaser ist trotz ihres „Bambus“-Zusatzes im Namen deshalb wenig umweltfreundlich.

Nun haben die Verfahrensprozesse zur Herstellung von Bambusfaser in den letzten Jahren aber große Fortschritte gemacht. Zu Verdanken ist dies auch Forschern wie der Wissenschaftlerin Andrea Weber Marin. Sie entwickelte im Rahmen des Förderprojektes BambuSigns zwischen 2011 und 2012 eine Technik zur umweltfreundlichen Produktion von Bambusgarn.

Das Verfahren ähnelt dem von Flachs und Hanf, wobei die Bambusfasern nach dem Lösen aus den Bambusrohren in ein Enzymbad eingelegt werden, um sie weich zu machen. Danach spinnt man die Fasern wie üblich zu Garn. Der hieraus gewonnene Textilstoff zeigte sich im Forschungsprojekt ausgesprochen elastisch, atmungsaktiv und war angenehm auf der Haut zu tragen. Außerdem verleiht die ökologisch gewonnene Bambusfaser Textilien einen seidenähnlichen Glanz und lässt sich gut färben.

 

Fazit

Bambus ist ein zukunftsträchtiger und schnell nachwachsender Rohstoff pflanzlichen Ursprungs, der Kulturflächen deutlich weniger belastet als mancher Rohstoffkonkurrent aus dem Bereich der Baumgehölze oder Naturfasern. Auch kann er mit Blick auf seine ökologischen Eigenschaften auch zur Renaturierung karger Landschaften beitragen, indem er das Bodenmilieu stärkt, zur Humusbildung beiträgt und den Wasserspeicher des Bodens verbessert.

In Entwicklungs- und Schwellenländern verspricht die Bambuskultur darüber hinaus die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Denn die Bambusnachfrage steigt jährlich und trägt aktuell bereits zu zahlreichen grünen Revolutionen im Bereich der Produktion bei.


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