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Weidenwasser, Stecklinge bewurzeln, Wurzelhormon, Wurzelwachstum

Weidenwasser herstellen – Stecklinge bewurzeln leicht gemacht

4 Minuten Lesezeit

Als Hausmittel zum Bewurzeln von Stecklingen ist Weidenwasser eine preiswerte Alternative zum teuren Bewurzelungspulver aus dem Handel. In der Landwirtschaft sowie im Gartenbau nutzt man es seit jeher, um den Wurzelaustrieb von Zier- und Nutzpflanzen zu beschleunigen. Doch das Weidenextrakt kann noch mehr.

 

Von Wurzelhormonen und Zellfunktionen

Stecklinge der Weide wurzeln meist deutlich schneller als andere Baumstecklinge. Da liegt es nahe, das Bewurzelungselixier aus Weidenholz auch zum Bewurzeln anderer Stecklinge zu nutzen. Was Weidenwasser in der Stecklingsvermehrung dabei so beliebt macht, sind drei in dem Extrakt enthaltene Pflanzenhormone:

  • 1-Naphtalynessigsäure (NAA)
  • Indol-3-Essigsäure (IAA)
  • Indol-3-Buttersäure (IBA)

Auch als Bewurzelungshormone bekannt, gehören sie zur Gruppe der Auxine, die in Pflanzen eine äußerst wichtige Rolle für das Pflanzenwachstum spielen. In der Weide besonders hoch konzentriert sind Auxine dabei in den jungen Triebspitzen des Baumes.

 

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Die jungen Triebspitzen der Weide sind besonders reich an Auxinen | © Das Grüne Archiv

Wirkung von Weidenextrakt auf das Wurzelwachstum

Auxine haben eine wichtige Funktion im Zellstoffwechsel von Pflanzen. Als Phytohormone steuern sie unter anderem das Längenwachstum der Wurzeln und sorgen insbesondere für eine schnelle Ausbildung von Saugwurzeln zur Nährstoffaufnahme aus dem Boden.

Allerdings ist die Konzentration der Pflanzenhormone nicht in den Pflanzenwurzeln, sondern in der Sprossachse, also den Trieben, Stängeln und Stämmen von Pflanzen am höchsten. Schon geringe Senkungen des Auxin-Gehalts in der Sprossachse können das Pflanzenwachstum nicht nur im Wurzelbereich, sondern auch in den oberirdischen Pflanzenteilen extrem beeinträchtigen. Aus diesem Grund kommt eine Behandlung mit Weidenwasser auch dem beschleunigten Pflanzenaustrieb zugute.

In der Regel finden sich in verholzenden Sprossachsen höhere Konzentrationen von Auxinen. Das liegt schlichtweg daran, dass Gehölze insgesamt größer und massiver wachsen als krautige Pflanzen und deshalb auch höhere Mengen der Pflanzenhormone für ihr Wachstum produzieren.

Frisch ausgetriebene Weiden sind hierbei im Vergleich zu anderen Gehölzen besonders reichhaltig an Auxinen und darum wie geschaffen zur Herstellung eines DIY-Bewurzelungsextrakts in Form von Weidenwasser.

 

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Weidenwasser in der Herstellung | © Das Grüne Archiv

Mehr als nur Bewurzelungshormone

Nun sind Auxine bei Pflanzen aber nicht nur für das Trieb- und Wurzelwachstum verantwortlich. Speziell Indol-3-Essigsäure steuert auch die Fruchtbildung und wird äußerlich in der Landwirtschaft sogar zur Einleitung der sogenannten Jungfernfrüchtigkeit (Parthenokarpie) angewendet. Darunter versteht man die Ausbildung von Früchten ohne vorherige Bestäubung und Entwicklung von Samen, wodurch sich gezielt kernlose Früchte kultivieren lassen.

Eine weitere wichtige Funktion haben Auxine als natürliche Pflanzenschutzmittel. Bei gezielter Anwendung erschöpfen sie die Biosynthese von Unkräutern, die in Folge einmal sehr rasch auswachsen, danach aber nicht mehr genügend Kapazitäten haben, um schnell nachzutreiben. Ein klarer Vorteil fürs Unkrautjäten, weshalb Weidenwasser auch ein gutes Herbizid ist.

Die zentrale Rolle von Auxinen im Zellstoffwechsel von Pflanzen führte Wissenschaftler jüngst auch zu neuen Erkenntnissen im menschlichen Zellgeschehen. Eine Studie der medizinischen Universität Hamburg Eppendorf fand im März 2023 nämlich heraus, dass eine auf Indol-3-Essigsäure basierende Diät in der Krebstherapie den Behandlungserfolg erhöhen kann. Weidenextrakt könnte demnach nicht nur dabei helfen, Stecklinge zu bewurzeln, sondern auch Krebserkrankungen zu heilen.

 

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Man kann Weidenwasser auch trinken und damit aktiv die eigene Zellgesundheit unterstützen | © Das Grüne Archiv

Rezept für Weidenwasser

Die Herstellung von Weidenwasser ist eigentlich ganz einfach. Gebraucht werden junge Weidentriebe, die gemeinhin eine besonders hohe Konzentration an Auxinen aufweisen. Idealer Zeitpunkt für die Zubereitung des Weidenextrakts ist demnach der Frühling.

 

Zutaten:

  • frische, junge Weidentriebe
  • 1 l Wasser
  • ein großes Schraubglas
  • saubere Gartenschere

 

Zubereitung:

Die Weidentriebe sollten von einem gesunden Weidenbaum geerntet werden, ohne diesen dabei zu beschädigen. Verwendet hierzu eine saubere Gartenschere und schneidet die Triebe nur an trockenen Tagen ohne Niederschlag, damit die Schnittwunden rasch verheilen.

Reinigt die Weidentriebe gut vor und kürzt sie anschließend auf etwa 1 bis 2 cm Länge ein. Die Triebstücke kommen nun in eine großes Schraubglas, das anschließend mit 1 Liter Wasser aufgefüllt wird.

Lasst das Weidenwasser etwa 2 bis 3 Tage reifen. So lange dauert es, bis die Triebe vollständig aufweichen und sich die Auxine aus ihnen löst. Danach filtert Ihr den Weidenextrakt durch ein Sieb und füllt es in eine Flasche ab.

Wichtig: Es sei darauf hingewiesen, dass länger extrahiertes Weidenwasser ähnlich wie Brennnesseljauche eine trübere Färbung und einen etwas gewöhnungsbedürftigen Geruch entwickelt. Das ist aber nicht weiter schlimm. Nur trinken sollte man die gährende Brühe dann eher nicht mehr.

 

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Zum Trinken eher ungeeignet: Lässt man Weidenwasser länger reifen, wird daraus ein hervorragender Dünger, der dann aber wie Brennnesseljauche nicht mehr als Getränk taugt | © Das Grüne Archiv

Weidenextrakt richtig anwenden

Aufbrauchen sollte man das Weidenwasser innerhalb von 14 Tagen. Dabei kann man es einerseits nutzen, um Stecklinge zu bewurzeln, andererseits aber auch als ökologisches Pflanzenschutzmittel oder Dünger ausgeben.

Um mit Weidenwasser gezielt Stecklinge zu bewurzeln, stellen Sie diese einfach für ca. 1 bis 2 Stunden in das Wasser. Wurden die Stecklinge zuvor bereits ausgepflanzt, gießt man sie einfach mit dem Weidenextrakt.

Das Gießen mit Weidenwasser kann auch zur Förderung des Blütenwachstums und der Bekämpfung von Unkraut an etablierten Pflanzen dienen. Zudem ist auch ein Besprühen der Pflanzen mit dem Weidenextrakt denkbar, etwa um kernlose Früchte an Obst- und Gemüsepflanzen zu kultivieren.


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