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Vanille – Inhaltsstoffe, Wirkung und Anwendung

Als Küchengewürz für süße Leckereien ist die Echte Vanille (Vanilla planifolia) wohl jedem ein Begriff. Die wenigsten wissen jedoch, dass es sich bei Vanille um eine Orchidee handelt, die schon den Azteken als Gewürz- und Heilkraut bekannt war.

 

Der kostbare Duft der Schwarzen Blume

In Amerika fand die Vanille schon lange vor Ankunft der ersten Europäer rege Verwendung. Den Azteken war die Orchideenart als Ixtlilxochitl bekannt, was übersetzt „Schwarze Blume“ bedeutet. Zwar ist die Blüte der Echten Vanille eigentlich gelb, doch die Vanilleschoten, die als Gewürzvanille verwendet werden, verfärben sich im Zuge des Trocknungs- und Fermentierungsprozesses dunkelbraun bis tiefschwarz.

Nun wussten die in Mexiko heimischen Azteken allerdings nicht, wie man Vanille kultiviert. Und auch die Klimabedingungen im Einzugsgebiet der Azteken-Hauptstadt Tenochtitlán alias Mexiko-Stadt waren damals nicht wirklich zum Vanille-Anbau geeignet. Das einzige Volk, das seinerzeit die nötigen Fachkenntnisse zum Anbau von Vanille besaß, waren die als Tachiwin bekannten Totonaken.

Ihre Volksbezeichnung wurde den Totonaken von den Azteken verliehen und lässt sich aus der Nahuati-Sprache mit „Leute aus dem heißen Land“ übersetzen. Gemeint sind damit die Küstengebiete am Golf von Mexiko, den die Totonaken ihre Heimat nannten. Das warme und sonnige Klima der Region ließ die Vanille bestens gedeihen. Gleiches galt für Kakaobohnen, die neben Vanille zu den wichtigsten Wirtschaftsgütern der Totonaken gehörten.

 

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Mark der Vanilleschote | © Das Grüne Archiv

Das schwarze Gold der Azteken

Sowohl Vanille als auch Kakao galten Totonaken wie Azteken als äußerst kostbar. Speziell die Vanille diente darüber hinaus sogar als Währung. So berichtet die Chronik des Aztekenherrschers Itzcóatl beispielsweise davon, dass die Totonaken ihren aztekischen Herrschern Tribute in Form von Vanille zahlen mussten.

Ein traditionelles Kakao-Getränk mit Vanille namens Xocoatl war zur damaligen Zeit nur dem Adel und den Obrigkeiten der Kriegerkaste vorbehalten. Wohlbekannt ist diesbezüglich die Schwäche des Aztekenkönigs Montezuma II. für Xocoatl.

Der Herrscher soll täglich angeblich bis zu 50 Tassen des Getränkes zu sich genommen haben. Durch ihn wurden schließlich auch die Spanier auf Kakao und Vanille aufmerksam. Im Detail war es der spanische Konquistador Hernán Cortés, der einst bei Montezuma zu Gast war und von diesem Xocoatl als Willkommensgeschenk serviert bekam.

Unschwer zu erahnen, dass die Spanier bald ebenfalls auf den lukrativen Geschmack der Vanille kamen. Nachdem sie im 16. Jahrhundert das Monopol auf Gewürzvanille in Europa erlangten, verteidigten die spanischen Eroberer selbes eisern. Auf die illegale Ausfuhr der Vanille-Orchidee stand fortan die Todesstrafe. Und noch heute ist Vanille eines der teuersten Gewürze der Welt. Je nach Qualität kann ein 1 kg Vanille zwischen 700 und 2000 Euro kosten, was dem Kilogrammpreis von echtem Silber entspricht. Die hohen Vanillepreise liegen dabei nach wie vor in der Seltenheit der süßlich-aromatischen Gewürzpflanze begründet.

 

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Ein Dessert von höchster Qualität: Pudding mit Bourbonvanille | © Das Grüne Archiv

Vanille-Anbau – eine aufwändige Gewürzkultur

Vanilleschoten zu züchten und zu ernten erfordert einiges an Aufwand. Damit sich die Kapselfrüchte nach der Blüte an der Vanille-Orchidee entwickeln, ist bei der Bestäubung präzises Timing von Nöten. Denn Vanilleblüten sind relativ kurzlebig und verwelken binnen kürzester Zeit innerhalb von 12 Stunden nach Öffnung der Blütenknospe.

In ihren Ursprungsländern sorgen für eine zeitgemäße Bestäubung vor allem zwei Tiere: der Kolibri und die in Mexiko heimische Melipona-Biene. Letztere wurde 1836 von dem belgischen Naturforscher Charles Morren als Vanille-Bestäuber identifiziert, als er auf einer Veranda im mexikanischen Papatia Kaffee trank, und die dunklen Bienen bei der Bestäubung einer unweit gelegenen Vanille-Orchidee beobachtete.

Morren wurde daraufhin zum Erfinder der manuellen Bestäubung von Vanille-Pflanzen. Allerdings gelang es ihm seinerzeit noch nicht, ein erfolgreiches Massenverfahren für die Bestäubung der Vanilleblüten zu entwickeln.

 

Edmon Albius und die Bourbon-Vanille

Mit der Unabhängigkeit Mexikos von der spanischen Kolonialmacht erfolgte der Vanille-Anbau erstmals auch außerhalb des Landes. Zu den wichtigsten Anbaugebieten gehören seither neben Mexiko, Indonesien, China und der Türkei vor allem ausreichend warme Tropenländer Afrikas wie Uganda, Madagaskar, Mauritius oder Réunion. Letzteres gilt dabei auch als Ursprungsland des modernen Bestäubungsverfahrens für Vanilleblüten.

Die Vanillekultur erfolgte während der Kolonialzeit häufig auf Plantagen, die von afrikanischen Sklaven bestellt wurden. Ein erst zwölfjähriger Sklave namens Edmon aus Réunion war es 1841 schließlich auch, dem gelang woran namhafte Botaniker vor ihm scheiterten.

Edmund verwendete eine schmalen Bambusspieß, um die Vanilleblüten zu öffnen und die Pollen vom Staubblatt auf die Narbe des Fruchtstempels zu streichen. Seine Bestäubungsmethode revolutionierte schon bald den Vanille-Anbau außerhalb Mexikos und Edmund wurde nach der Abschaffung der Sklaverei im Jahre 1848 der patronymische Nachname Albius (von lat.: albus für „weiß“) verliehen. Eine Referenz auf die weiß-gelben Blüten der Vanille.

Die Insel Réunion wiederum, welche im 19. Jahrhundert wegen ihrer weltberühmten Zucht von Bourbon-Rosen noch als Île de Bourbon bekannt war, wurde dank Edmon Albius zum Hauptexporteur von Bourbon-Vanille. Diese gilt neben der Bourbon-Rose bis heute als Aushängeschild für Réunions meisterlichen Ruf in Sachen Blütenzucht und ist insbesondere in Europa wegen ihrem intensiven Vanille-Aroma sehr beliebt.

 

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Charakteristische Rutenform der Vanilleschote | © Das Grüne Archiv

Vanilleschoten als Küchengewürz

Zur Gewinnung von Vanillemark werden die Vanilleschoten zunächst längs mit einem Messer aufgeschnitten und das Mark anschließend mit der Messerspitze ausgestreift. Danach kann man das Mark zum Beispiel für Süßgebäck oder süße Milchspeisen verwenden.

Wie schon bei den Azteken verwendet man Gewürzvanille auch in der modernen Küche gerne dazu, um Schokoladenrezepte zu verfeinern. Außerdem haben sich Gewürzmischungen mit Zimt, Muskat und Gewürznelken als aromatische Kombination bewährt. Sie kommen allen voran in Kuchenrezepten und Plätzchenteig zum Einsatz, wobei mit Blick auf Plätzchen die Vanillekipferl wohl am bekanntesten sein dürften.

Als aphrodisierende Süßspeise gelten weiterhin Desserts mit Erdbeeren und Vanille. Zudem gibt es einige alkoholische Getränkespezialitäten, die auf das Aroma von Gewürzvanille setzen. Zu den wichtigsten Speisen, die nicht auf Gewürz- bzw. Bourbon-Vanille verzichten können, gehören:

  • Vanillecreme (v. a. Crème brûlée)
  • Vanilleeis
  • Vanillejoghurt
  • Vanillekipferl
  • Vanillelikör
  • Vanillepudding
  • Vanillesoße

 

Neben der Vanilleschote sind auch Vanilleextrakt und Vanillinzucker als Gewürzzutaten gebräuchlich. Während als echtes Vanilleextrakt nach gesetzlicher Verordnung nur reine Sirup-Auszüge der Vanilleschote gekennzeichnet werden dürfen, kann Vanillinzucker aber auch künstliches Vanillin enthalten und ist dann kein echtes Vanilleerzeugnis.

 

Echtes und künstliches Vanillearoma

Gerichte und Desserts, die mit dem Mark der Vanilleschote verfeinert wurden, erkennt man sofort an den charakteristischen schwarzen Punkten. So lassen sich Rezepturen mit künstlichem Vanillearoma auch sehr leicht von jenen, die echte Gewürzvanille verwenden unterscheiden.

Das ist zum Beispiel für die Qualitätsbeurteilung von Vanillepudding entscheidend. Der Vanillegeschmack im Pudding rührt nämlich häufig nicht von echten Vanilleschoten, sondern von sogenanntem Ethylvanillin her, das zu den künstlichen Aromastoffen gehört und aus Erdöl (!) hergestellt wird.

Auch das Vanillearoma in Bourbon Whiskey stammt trotz Namensähnlichkeit zur Bourbon-Vanille nicht von Vanilleschoten. Zwar verdanken beide Erzeugnisse ihren Namen dem französischen Adelsgeschlecht Bourbon, das Vanillin im Bourbon entsteht jedoch im Zuge der Verkohlung durch Holzasche.

Selbes Herstellungsverfahren machte sich auch der deutsche Chemiker Prof. Siegfried Waldvogel zu Nutze und gewann 2013 den Zukunftspreis für die Herstellung von Vanillin aus Holzabfällen. Das künstliche Vanillearoma könnte künftig eine preiswerte Alternative zu echter Gewürzvanille werden. Ob der Geschmack jedoch mit dem Original mithalten kann, ist fraglich.

 

 

Vanille – Heilwirkung und Inhaltsstoffe

Das Vanillin in Vanilleschoten verleiht Süßspeisen nicht nur ein einzigartiges Aroma, sondern besitzt zudem auch heilsame Eigenschaften. Bekannt ist zum Beispiel eine antioxidative, antibiotische, entzündungshemmende und zellregenerierende Wirkung des Vanillin. Diese wird insbesondere zur Behandlung von Verletzungen und Hauterkrankungen wie Ekzemen, Hautpilz und Neurodermitis genutzt.

Der stimulierende Effekt von Vanillin auf das Nervensystem soll so stark sein, dass der Wirkstoff sogar die Nervenfunktion verbessern kann. Diesbezüglich wird aktuell die Eignung von Vanilleextrakt als Mittel gegen Parkinson erforscht. Darüber hinaus soll Gewürzvanille auch eine stimmungsaufhellende und damit antidepressive Wirkung besitzen, weshalb ihr ätherisches Öl gerne in der Aromatherapie zum Einsatz kommt.

Wissenswertes: In der Pharmaindustrie wird Vanillin auch als Ausgangsstoff zur Synthese anderer Arzneistoffe verwendet.

 

Vanille: Nebenwirkungen und Dosierung

Die möglichen Nebenwirkungen von Vanille halten im Vergleich zu anderen Gewürzkräutern eher in Grenzen. Nur sehr selten kommt es zu allergischen Reaktionen, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen. Auch für Schwangere und Stillende ist Gewürzvanille relativ unbedenklich.

Es sei aber darauf hingewiesen, dass der leckere Geschmack von Vanille die Lust auf Süßes steigern kann. Aztekenkönig Montezuma II. könnte wohl ein Lied davon singen, kam sein exzessiver Verzehr des vanillehaltigen Xocoatl doch nicht von Ungefähr. Mit Blick auf Nebenwirkungen ließe sich daher eventuell auch ein gewisses Suchtpotenzial für Vanille festhalten. Dies aber natürlich mit einem Augenzwinkern.

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