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Rezept: Wermuttrank (Maitrunk)

Aus dem Kräuterschatz der Hildegard von Bingen stammen bisweilen so manche Rezeptklassiker. Hierzu zählt auch der sogenannte Maitrunk – eine frühe Form des Wermut-Weins, den Hildegard speziell im Rahmen ihrer Frühjahrskur zur Stoffwechselreinigung und Behandlung von Frühjahrsmüdigkeit einsetzte.

 

Mit Wermuttrank die Lebensgeister wecken

Der Wermut gilt bisweilen als mystisches Hexenkraut, weil ihm so manche Wirkung innewohnt, die Menschen im Altertum nicht ganz geheuer war. Bestes Beispiel hierfür ist der legendäre Absinth, der früher oft mit Visionen und Wahnvorstellungen assoziiert wurde.

Und auch der als Maitrunk bekannte Wermuttrank (Decoctum absinthii) hat sich um den Ruf als Hexenelixier verdient gemacht. Das nicht zuletzt auch deshalb, weil er bevorzugt um die Walpurgisnacht herum hergestellt und gereicht wird. Denn Wermut gehört zu den Frühlingskräutern und treibt bereits im April zeitig aus.

Dementsprechend ist eine Ernte und Zubereitung von Wermuttrank schon relativ früh im Jahr möglich. Nicht verwechseln sollte man den Maitrunk dabei aber mit dem Mai-Wein, der etwa um dieselbe Jahreszeit aus Waldmeister hergestellt wird. Als alkoholfreie Alternative zum Wermutwein ist außerdem der Wermuttee empfehlenswert.

 

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Kardinalzutat in Maitrunk, Absinth und zahlreichen Verdauungsschnäpsen wie dem Magenbitter: Wermut (Artemisia absinthium) | © Das Grüne Archiv

Inhaltsstoffe und Wirkung von Wermuttrank

Nun ist die Wirkung von Maitrunk im Gegensatz zum Absinth aber alles andere als gespenstisch oder mysteriös, sondern eher verdauungsfördernd und kreislaufstärkend. Auch der Lunge, den Augen und dem Immunsystem soll er gut tun. Herz- und Gefäßkrankheiten soll er vorbeugen, Melancholie und Depression entgegenwirken.

Tatsächlich gehört Wermut nämlich zu den sogenannten Bitterkräutern, die aufgrund ihres hohen Gehalts an Bitterstoffen traditionell gegen Verdauungsbeschwerden in Gebrauch sind. Wohl bekannt sind diesbezüglich Magenbitter und Verdauungsschnäpse, die aus Bitterkräutern wie Wermut hergestellt werden.

 

„Der Wermut ist der Meister über alle Erschöpfungszustände im Menschen. Trinke den Wermutwein von Mai bis Oktober jeden dritten Tag nüchtern, er beseitigt in dir die Nierenschwäche und die Melanche und klärt deine Augen und stärkt dein Herz und lässt nicht zu, dass deine Lunge krank wird. Er wärmt den Magen und reinigt die Eingeweide und bereitet eine gute Verdauung.“

– Hildegard von Bingen über ihren Maitrunk

 

Auch eine aphrodisierende sowie gemütsaufhellende Wirkung werden dem Wermut zugeschrieben, weshalb er schon in der Antike für Liebestränke, Liebeszauber und Bannzauber gegen Melancholie eingesetzt wurde, die man früher oft als teuflischen Fluch oder üblen Teufelszauber ansah. Der Teufel steckt im Wermuttrank also mit Nichten.

 

Wermuttrank zubereiten

Das traditionelle Rezept für Wermuttrunk nach Hildegard von Bingen sieht das Auspressen des Wermutkrauts vor. Den so gewonnenen Saft kochte sie anschließend mit Wein und Honig auf. Dazu ist folgende Anleitung zur Herstellung schriftlich erhalten:

„Wenn der Wermut frisch ist, dann zerstampfe ihn und presse durch ein Tuch den Saft aus. Dann koche Wein mit Honig – aber modice – und gieße von diesem Saft so viel in den Wein, dass der Saftgeschmack den Weingeschmack und den Honiggeschmack übertrifft. Das trinke von Mai bis zum Oktober jeden dritten Tag vor dem Frühstück.“

Die Dosierung von je einem Likörglas (ca. 62 ml) alle drei Tage für insgesamt 6 Monate blieb weitestgehend unverändert. Jedoch wird der Wermuttrank heue meist über einen längeren Zeitraum direkt aus den Blättern und Blüten des Wermuts extrahiert. Auch bietet sich für einen fein-würzigen die Verwendung einiger Gewürzkräuter als Zutaten an. Hier ein mögliches Rezept:

 

Zutaten:

  • 1 l Weißwein
  • 90 g Hoig
  • 10 g Wermutkraut
  • 6 Neliken
  • 4 Blätter Salbei
  • 1 TL Zimt
  • Zeste einer Zitrone

 

Zubereitung:

Füllt die Kräuter zusammen mit der Zitronenzeste und dem Honig in ein großes Schraubglas. Übergießt das Ganze anschließend mit dem Weißwein und verschließt das Glas gut.

Lasst den Wermuttrunk nun für etwa vier Wochen an einem lichtgeschützten Ort ziehen. Dabei solltet Ihr das Schraubglas täglich schütteln, damit sich die Inhaltsstoffe der Kräuter gut mit dem Wein vermischen.

Nach Ablauf der Extraktionszeit werden die Kräuter abgefiltert und der Maitrunk kann direkt nüchtern am Morgen bzw. vor dem Mittagessen oder Abendessen getrunken werden.

6 thoughts on “Rezept: Wermuttrank (Maitrunk)

  1. Kann man das auch ohne Wein machen? Sind Inhaltsstoffe des Weines gesundheitlich wichtig, oder dient es nur zur Haltbarkeit oder Geschmack? Wenn es den Geschmack betrifft könnte man ja auch Traubensaft nehmen?

    1. Hallo Waldfee,

      Der zur Extraktion des Originalrezeptes verwendete Wein dient einerseits der Haltbarkeit (Alkohol), andererseits aber auch der verstärkten Gesundheitswirkung. Wein besitzt einen hohen Gehalt an Antioxidantien wie Resveratrol, die nachweislich stoffwechselreinigend sowie stärkend auf Herz und Gefäße wirken. Dabei ist Wein im Vergleich zu Traubensaft auch deutlich kalorienärmer, denn der in Trauben enthaltene Zucker wird während der Weingärung zu Alkohol umgewandelt.

      Fruchtsäfte enthalten dagegen immer eine unnatürlich hohe Konzentration an Fruchtzucker / Traubenzucker. Für eine gezielte Entschlackungskur oder zum Abnehmen sind Säfte, egal welcher Art, daher eigentlich ungeeignet. Darüber hinaus wird speziell Traubensaft bei einer Extraktionszeit von vier Wochen wahrscheinlich selbst zu gären anfangen und dann bereits auf dem besten Wege sein, ebenfalls ein Wein zu werden. 🙂

  2. Hallo, ob man das auch aus Tee herstellen kann war auch meine Frage.
    Die ist jetzt beantwortet.
    Es wäre aber too, dazu auch eine Anleitung zu bekommen, weil man ja keinen Saft hat. – danke

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